Antisemitismus ist ein wieder stärker aufkeimendes grundlegendes Problem in der Gesellschaft. Das zeigt nicht erst der aktuelle Bericht der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW, in dem zunehmende antisemitische Hetze im Internet oder auch steigende Zahlen antisemitisch motivierter Straftaten thematisiert werden. Vor diesem Hintergrund ist der Inhalt des Kurses „Gegen das Vergessen“ der Städtischen Realschule I in Detmold erschreckend aktuell.

In Vorbereitung auf den Zentralen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar nächsten Jahres setzen sich die Schülerinnen und Schüler aktuell intensiv mit dem Thema Antisemitismus auseinander.

Jetzt haben sie eine besonders eindrucksvolle Lerneinheit im NRW-Landtag in Düsseldorf erlebt: Besuch bei und Gespräch mit der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin a.D. und seit 2019 ehrenamtlich tätig, um Judenfeindlichkeit vor allem in Nordrhein-Westfalen zu bekämpfen. Eineinhalb Stunden hatten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, sich zu informieren, Fragen zu stellen, zu diskutieren.

Das, was sie gehört haben, zeigt, wie aktuell ihr Unterrichtsthema ist: Jüdinnen und Juden fühlen sich zunehmend verunsichert, sagt die Antisemitismusbeauftragte. Sie wünschten sich mehr Unterstützung in der deutschen Gesellschaft im Kampf gegen Judenfeindlichkeit. Das sei auch das, was die Schülerinnen und Schüler tun könnten, antwortet Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf die Frage, was die Jugendlichen selbst machen könnten: sich klar positionieren und antisemitische Vorurteile infrage stellen. Außerdem ist es für die Antisemitismusbeauftragte elementar, dass Wissen über Antisemitismus damals und heute Teil der schulischen Bildung ist und bleibt. Dass Jugendliche Gedenkstätten wie z.B. die NS-Konzentrationslager Dachau, Theresienstadt oder Auschwitz besuchen, ist für Leutheusser-Schnarrenberger „klassischer Bildungsinhalt an Schulen“. So eine Fahrt habe nichts Touristisches, sie sei vielmehr „Kernbestandteil von beispielsweise Geschichtsunterricht“.

Aber nicht nur Unterricht in der Schule muss über Antisemitismus aufklären, ist die NRW-Antisemitismusbeauftragte überzeugt. Auch Gedenktage wie der am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz, seien essentieller Bestandteil der Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gleichzeitig zwängen sie uns dazu, den eigenen Umgang mit unseren Mitmenschen zu reflektieren. Auf die Frage der Schülerinnen und Schüler, wie sie einen Gedenktag wie den 27. Januar gestalten würde, antwortete Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass ein Gedenktag niemals nur die Vergangenheit ins Auge fassen, sondern immer auch unsere Gegenwart berücksichtigen sollte. 

Diesen Ansatz verfolgen auch die Zehntklässler des Kurses „Gegen das Vergessen“ der Städtischen Realschule I in Detmold. Aufgrund der Corona-Pandemie wird eine Gedenkfeier in Präsenz am 27. Januar 2021 nicht möglich sein. Daher arbeiten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Lehrenden Barbara Gerlach und Timo Schlegel an einem digitalen Format. In Detmold wird der Zentrale Gedenktag traditionell von weiterführenden Schulen ausgerichtet.